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Das Katholische Sonntagsblatt,
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archivierte Ausgabe 16/2024
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Reiner Schlotthauer |
Bei allem Verständnis für auch heftige Kritik: Aber ist es nicht so, dass die Kirche inzwischen gerne mal, bildlich gesprochen, als Fußabstreifer gesehen wird, an dem man alles, was an einem eigentlich selbstverschuldet kleben bleiben würde, wieder leicht loswerden kann? Schon gemerkt, wie viele von denen, die sich heute als ungläubig brüsten, ihren eigenen, hippen Lebensstil als den einzig wahren propagieren, bis in Alltagsangewohnheiten und Sprache hinein? Und die dann Andersdenkende, oft gar sozial Schwache, bei Zuwiderhandeln ausgrenzen, ja abkanzeln, obwohl sie selbst kein Kanzelwort akzeptieren würden. Die Moralapostel feiern heutzutage außerhalb der Kirche Auferstehung. Zusammen mit all den Gleichgültigen und Selbstbestimmten, die verlernen, dass ihre Freiheit nur funktioniert, wenn sie auch für andere Verantwortung übernehmen.
Und die Kirche, ihre Mitglieder, in deren Zusammenhang immer mehr von einem mindest quantitativen Schwund die Rede ist? Ob der Negativmeldungen fangen selbst Distanzierte an, die größer werdende Leerstelle zu bedauern, welche die organisierten Christgläubigen hinterlassen. Merken sie doch auch, dass das von Politikern oft quasi als Ersatzglaube oder gar als Gegenentwurf zum Christentum aufgebaute Wohlstandsversprechen gar nicht mehr trägt, wenn es mal wirklich ums Ganze geht, etwa die Demokratie, den Gemeinschaftssinn, das Gemeinwohl, die ungeteilten Menschenrechte, oder einfach den alltäglichen Umgang der Menschen miteinander, eine Ermöglichung des Friedens. Nicht zu vergessen der Schutz der Armen, Behinderten und der nicht einmal Geborenen.
War es aber nicht das Christentum – gewiss auch sündig, aber immer umkehrfähig –, das die ihm geschenkte Nächstenliebe teilweise so erfolgreich weiterschenkte, dass sie mit ihr eine ganze Welthälfte, eine Zivilisation prägen konnte? Bis in die feinsten Adern des privaten, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und überhaupt kulturellen Organismus. Das ist vielen nicht mehr bewusst. Darum muss sich jetzt mancher in den Arm kneifen, wenn Grundgesetz und selbst Verfassungsgericht vor Extremisten und Verschwörern geschützt werden sollen. Vieles schien doch noch so verlässlich, als die politischen Väter ihre Gottesverantwortung vor die Paragrafen stellten. Weil sie erlebt hatten, wie schnell Gottloses angehimmelt wird. [...]
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