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Licht im Keller

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Die Tage werden länger. Vielleicht hilft das, die Dinge, aber vor allem die Menschen um einen herum besser wahrzunehmen. Noch mehr: Wie ist es um die Wirklichkeit bestellt und wie lässt es sich mit ihr umgehen, sodass am Ende etwas Gutes entsteht? Aber warum warten viele erst aufs Tageslicht oder dessen physikalischer Nachahmung?

Denn im Menschen selbst ist ursprünglich ein ganz besonderes Licht angelegt, mit dem er nicht nur Raum und Zeit oder seine Gene und Mitochondrien erforschen, sondern sich auch der Transzendenz nähern kann. Und damit der Wahrheit hinter sonst so viel künstlich erzeugtem Schein. Mit dem Göttlichen als wohl der bislang größten Entdeckung des Menschen. Ist ihm jemals ein größeres Licht aufgegangen? Schade, dass selbst Gläubige heute selten elektrisieren.

Ein Licht, mit dem man auch tief hinabsteigen kann in das innere Selbst, wie in einen abgründigen Keller, mit dunklen Winkeln und Türen, hinter denen sich Ungeahntes verbirgt. Mit nur ein wenig Licht solcher Art ließe sich manch eingebildete Angst vertreiben, wie ein Gespenst. Und wenn die Angst doch berechtigt ist – wie das Leben halt spielt – kann es helfen, ihren Ursachen mit Widerstandskraft zu begegnen. Und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass der Mensch schon immer einer Welt ausgesetzt ist, die viel größer ist als er selbst, großartiger als sein Ego, mit dem er zuletzt immer mehr aus der Masse herausstechen wollte, als ob dies der einzige Lebenssinn sei. Ohne Blick für die Mitmenschen.

Und er sich nun angesichts so vieler Krisen wundert, wie tief er bald noch fallen könnte. Aber diese Tragödie könnte auch nur eingebildet sein, weil er im Grunde weiter ein sehr verletzliches Geschöpf bleibt, damit sich ohnehin mehr auf dem Boden der Tatsachen vorfindet als in einem eingebildeten Paradies. Sogar noch mehr: ein Wesen, das wie alle anderen endlich ist, wie Natur, Klima und Atmosphäre, ja irgendwann sogar wie sein Heimatplanet, die Sonne und das Universum. Ein Wesen, das verdrängt hat, dass es schlichtweg sterblich bleibt. Weise Menschen merken dagegen, dass das Leben lebenswerter ist, wenn sie sich dem eigenen Tod stellen. [...]
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