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Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will einen Gesetzentwurf zur sogenannten Gehsteigbelästigung vorlegen. Als Gehsteigbelästigung werden Protestaktionen von Abtreibungsgegnern in der Nähe von Beratungsstellen, Krankenhäusern oder Arztpraxen bezeichnet, die Schwangerschaftskonfliktberatungen anbieten oder Schwangerschaftsabbrüche durchführen. »Wir streben an, dass dieser bis zum Ende des Jahres ein Gesetz sein soll«, sagte Paus kürzlich in einer Fragestunde des Bundestags. Die Gehsteigbelästigung soll demnach im Abtreibungsparagrafen 218 des Strafgesetzbuches geregelt und als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Mehrere Verwaltungsgerichte haben in den letzten Jahren festgestellt: Für einen Schutz vor Konfrontation mit nicht gewünschten anderen Ansichten besteht in der vorgegebenen Rechtsordnung kein Raum. Das heißt: Menschen, die anderer Meinung sind und diese auch öffentlich kundtun, muss man in einer pluralen Gesellschaft aushalten. Ob es konkret immer hilfreich und zielfördernd ist, vor Arztpraxen oder Kliniken für den Schutz des Lebens zu demonstrieren, mag dahingestellt sein, aber Protest in diesem einen Fall gesetzlich zu unterbinden, kann in einer freiheitlichen Demokratie nicht der Weg sein.

Wenn es etwa geduldet wird, sich auf Straßen zu kleben, Autofahrer zum Halten zu nötigen und den Verkehr lahmzulegen, um auf das Problem des Klimawandels aufmerksam zu machen, dann kann nicht verboten werden, friedlich auf die Schutzwürdigkeit des ungeborenen Lebens aufmerksam zu machen. Hier würde eindeutig mit zweierlei Maß gemessen.

Nicht statthaft ist freilich, das Demonstrationsrecht dazu zu benutzen, abtreibungswillige Frauen vor Arztpraxen tatsächlich zu belästigen durch Ansprechen, Behindern oder gar Anpöbeln. Das stellt eine Grenzüberschreitung dar, die auch rechtlich untersagt ist. Eine angemeldete stille Mahnwache ist jedoch durch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt und muss es auch bleiben. In diesem speziellen Fall das Recht aushöhlen und als Ordnungswidrigkeit ahnden zu wollen, ist unlogisch und zeigt, in welche Richtung die Reise eigentlich geht: die Abtreibungsfrage gesetzlich neu zu regeln und womöglich den mühsam errungenen Paragrafen 218 zu kippen. [...]
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