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»Vergiss den Engel nicht!«, mahnt die junge Frau ihre Mutter, bevor sie ins Examen geht. Von Kindheit an gibt es dieses Ritual zwischen Mutter und Tochter. Wenn etwas Wichtiges ansteht, stellt die Mutter eine Engelsfigur auf ihren Schreibtisch und denkt fest an ihre Tochter. Diese hat den gleichen Engel bei sich in der Tasche, wohlwissend, dass sie dann in der Prüfung nicht allein ist. Gefragt, ob sie an Gott glaube, meint die Studentin: »Nicht wirklich. Eher an das Gute im Menschen!« Auch kirchlich heiraten komme für sie nicht infrage, »das ist nicht so ganz mein Ding«, obwohl sie und ihr Verlobter von Haus aus katholisch sind. Doch im Engel sehe sie eine wichtige, stärkende Verbindung, »die hilft«.

Es gibt viele Menschen, die in einer diffusen Weise religiös sind, deren Glaube ohne personalen Gott auskommt, und die sich keiner Konfession zugehörig fühlen. Und trotzdem ist etwas hängen geblieben vom Elternhaus oder der Vorbereitung auf Erstkommunion und Firmung, und wenn es »nur« der Glaube an das Gute und an einen Schutzengel ist, der den Himmel offenhält und mit der Erde verbindet.

»Die katholische Kirche droht eine ganze Generation zu verlieren. Insbesondere junge Frauen«, prophezeit die Wiener Theologin Regina Polak. Betrachtet man die aktuellen Zahlen der Kirchenaustritte, braucht man nicht lange nach Ursachen zu forschen. Der einst gute Ruf der Kirche ist durch eigenes Versagen weitgehend ruiniert, selbst Mitglieder der Kerngemeinden liebäugeln mit »Gehen« oder wagen kaum noch, sich als dazugehörig zu bekennen. Hoffnungen auf Reformen werden immer wieder genährt, etwa durch den Synodalen Weg, drohen aber an den Mauern des Vatikans zu zerschellen.

Attraktiv ist das alles nicht, schon gar nicht für junge Leute. Dabei wäre es so wichtig, gerade sie in dieser von Krisen geschüttelten Zeit nicht allein zu lassen. [...]
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