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Kleinigkeiten?

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Oft sind es die kleinen Dinge, an denen sich erkennen lässt, wohin die Welt treibt. Und mit ihr die Kirche, denn ohne die erste gäbe es die zweite nicht. Und weil der Mensch halt doch aus der Schöpfung herausragt, er in ihrem wenn auch nicht raumzeitlichen, aber erkenntnisreichen Mittelpunkt steht – stellt er die wohl alles entscheidende Frage: die nach Gott. Zumindest seit er ein Gehirn besitzt und dieses dazu benutzt, über sich hinauszufragen. Und das alles irgendwo am Rande des Universums, auf einem Kügelchen namens Erde, mit einer Sonne, die nur eine unter Milliarden Sternen in der Milchstraße ist.

Dem Menschen könnte es dabei schwindelig werden, oder, als Alternative, er entscheidet sich dafür, fasziniert zu sein. Vielleicht reagiert er ja, ohne dass er es bemerkt, im Wortsinn be-geistert. Wer schenkt ihm aber diesen Geist? Manches offenbart sich. Nicht wenige, selbst jene, die sich dagegen sträuben, die Frage nach Gott wenigstens mit einem Jein zu beantworten, können sich selbst täglich bei einem schöpferischen Akt ertappen: immer dann, wenn sie das, was um sie herum geschieht, entsteht und wieder vergeht, mit Bedeutung aufladen. So wird auf einmal ein biochemischer Vorgang zur Liebe, die Minute am Sterbebett zum Trost; ein Evolutionsvorteil zur innigen Freundschaft, die medizinische Versorgung zu einem Beweis der Nächstenliebe, die Spektralfarben des Regenbogens zu einem Symbol. Genauso wie jeder noch so kleine Gegenstand, das Familienfoto und der angeschlagene Ton eines Weihnachtsliedes einen zu Tränen rühren können. Weil in der Gegenwart das Erinnerte zur Wirklichkeit wird, zu einem Stück Wahrheit gar.

Bilder, Zeichen, Symbole, schlichtweg Bedeutungen, die hinter den sichtbaren und hörbaren Reizen verborgen sind: Kleinigkeiten, die auf weitaus Größeres hinweisen, wie die beinah übersehene Krippe im Stall, die am Beginn der größten Zeitenwende stand und dafür stehen kann, dass selbst in finsterster Nacht – auch das darf im übertragenen Sinn verstanden sein – immer noch ein Licht aufflackert, welches letztlich das ganze Weltall erleuchtet. Und mit ihm unzählbare Gemüter. Von diesem kleinen Planeten aus, auf dem Gott Mensch geworden ist, auf dem Menschen sich umarmen, zusammen feiern, sich gegenseitig Halt geben, Dank sagen und sich vergeben, die Schwachen umsorgen. Und wo sie zuversichtlich sind, Ziele verfolgen und vor allem in Gemeinschaft Wunder wirken. Nehmen das selbst Christen noch wahr? Können sie überhaupt ihre Symbole erklären, ihre Zeichen und Sakramente – und sie ins Heute übertragen? [...]
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