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archivierte
Ausgabe 38/2020
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Endlichkeitserfahrungen |
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| Reiner Schlotthauer |
Schade, dass der Vorschlag bislang so wenig Anklang findet, eine Gedenkstunde für die Corona-Opfer zu veranstalten. Eigentlich müssten die Kirchen dem Bundespräsidenten die Idee aus der Hand reißen. Denn dass auch solche Menschen nach Ritualen suchen, die sich bereits von den Christen entfernt haben, zeigten schon die Jahre zuvor. Katastrophen, Terror und Attentate, Amokläufe und Straßengewalt haben Opfer erzeugt, aber auch Kerzenmeere und Blumenberge hinterlassen, während im Hintergrund selbst angeblich Gottlose Trost in Gottesdiensten suchten.
Vielleicht liegt die Zurückhaltung daran, dass wir uns erst in der »Mitte der Corona-Krise« befinden. Manche nehmen es sportlich und sprechen von einer Halbzeit. Doch nach Spaßen ist keinem zumute. Hinter den Lebenden liegt eine Krise von einem Ausmaß, welches sie noch nie gesehen haben, allenfalls in Schwarz-Weiß-Reportagen des frühen vorigen Jahrhunderts. Eine Krise aber auch, die alle Menschen in ihrer Endlichkeitserfahrung vereint, einer Globalisierung im Leid gleich, ja auch im Mitleid, mit etwas Glück auch in der Solidarität. Die obendrein deswegen gemeinschaftsbildend wirkt, weil der Ausgang, der Zeitpunkt des erhofften Endes nicht sicher ist. Ist es also diese Ungewissheit, die noch viele hemmt? [...]
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