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Hirtenwort

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Es hatte immer wieder Gelegenheit gegeben, Gebhard Fürst zu begegnen, den Getauften und Gefirmten, den Priester, den Bischof, der sich nun verabschiedet. Etwa wenn er zuletzt auf der Dachterrasse des Bischofshauses den Gästen die frisch angelegten Blumenbeete zeigte, dann begann er fast mit den Bienen um die Wette zu schwärmen. Nicht etwa so, dass er nur bei sich, der Flora und Fauna geblieben wäre – ihn drängte es, einen Schritt weiterzugehen, den Bogen zu schlagen, oder sollte man gleich sagen: eine Brücke zu bauen? Zur Schöpfung hin, nicht bloß einer des Zufalls, sondern die Gottes. Um zu zeigen, wie wichtig es ist, weil es zu seiner Würde gehört, dass der Mensch einem Hirten und Gärtner gleich mit der Natur pfleglich umgeht. Auf dass alles, wie seit Anbeginn vorgesehen, »gut« bleibe und sogar noch besser werde.

Gärtner? Brückenbauer? War dies vielleicht auch der doppelte Faden, einer Helix gleich, der sich bereits früh durch das Leben des späteren Oberhirten zog? Der Mensch ist gewiss noch viel komplexer, mit Höhen und Tiefen, ja Abgründen; aber manches lässt sich wohl schon von dieser Grundstruktur ablesen. Und wenn also Gebhard Fürst ein Stockwerk weiter unten in der Hauskapelle stand, zu Altar und Kreuz blickte, wieder zurück zum Gast, schien es, als ob er von hier aus ebenfalls Brücken schlagen wollte: zur Welt hinaus mit all ihren Krisen und Skandalen, die zumindest teilweise, aber in den letzten Jahren immer schneller eben auch auf seinem Schreibtisch landeten.

Aber ohne darunter unterzugehen, immer zu seiner Mitte zurückkehrend, und wachsam, um selbst in dunkelster Krise einen Ansatzpunkt für Gutes, so etwas wie ein Licht, zu entdecken. Manchmal mit einem knitzen Lächeln, quasi als Motivationsschub für sein Gegenüber, doch bitte dieses kleine Licht der Hoffnung weiterzugeben: in die Ecken der Diözese, in das deutsche Land mit seinen Wegen und Abwegen. Aber auch Bergen, auf denen sich vielleicht ein kleines Feuer entzünden ließe. Zum Advent für die Welt.

Vielleicht war dies ein Ausdruck seiner eigenen Art von Kommunikation. Wie überhaupt für ihn das Christentum, besonders dessen Botschaft von der Nächstenliebe, die beste Sprache schien, mit der das Leben in allen Belangen, von Anfang bis Ende, in Beziehung und Alleinsein, aufgewertet werden kann. Mit Worten, die die Welt geradezu verzaubern können, ausgedrückt in zuweilen missachteten, aber meist großartigen kulturellen Leistungen, vor allem auch der Christen. Und warum das alles? Weil der Mensch, der sich von Gott angesprochen fühlt, dankbar ist für – einfach sein Dasein. [...]
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