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Hoffnung demonstriert

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Melancholie kann ein gar seltsames Gefühl sein. So wie vor Kurzem, als beim Abschied des Bischofs, nachdem im Dom auch noch Weihrauch und Kerzenduft verflogen waren, einiges nach Epochenwandel roch. Zumindest nach Abschied mit Symbolwirkung. Wird es jemals wieder so sein? Sind die Leute in feierlichem Anzug, Kostüm und Messgewand morgen auch noch so bedeutend? Insgeheim merken sie wohl, dass vieles für immer vorüber ist. Aber ist es nicht schon länger so?

Und sie lauschten noch einmal dem Ministerpräsidenten, über die Wichtigkeit der Christen für die Gesellschaft, im Konjunktiv. Für Versöhnung und soziale Temperatur. Ein bekennender Katholik, dieser Winfried Kretschmann, gut über 70 und ein Urgestein wie der ebenso geladene Erwin Teufel. Aber müssen solche Gesteine nicht zunehmend dem Sand der Beliebigkeit und Konturlosigkeit weichen, in dem Spuren aus der Vergangenheit und in die Zukunft gleich wieder verwehen?

Und immer wieder die alte Rede, wonach die Demokratie von Werten lebt, die sie sich selbst nicht geben kann. Wieder ein Signal an die Kirche. Damit nicht noch mehr Sand ins Getriebe einer Gesellschaft gerät, die scheinbar nicht mehr wie gewohnt funktioniert. Was macht aber Mut statt Wehmut? Vielleicht die Wahrnehmung anderer Signale, wie aktuell die der Demonstrationen gegen Rechtsextreme: Gegen die, die zu zerstören drohen, was allzu lange als Selbstverständlichkeit genommen wurde, einer Beziehung gleich, um die man nicht kämpfen muss: dass nämlich dieses Land wie das vereinte Europa eine Wertegemeinschaft ist, die auf der Menschenwürde gründet.

Und dies nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern bis zum Umgang der Menschen miteinander, besonders mit jenen von weit her, die Schutz oder nur besseres Leben suchen. Auch wenn manche Kritik an illegaler Migration und schlechter Integration berechtigt sein mag – nur darf sie nicht verletzend und herabwürdigend sein. Leider eine Reaktion, mit der zunehmend auch Arme, Alte, Behinderte und Kranke rechnen müssen. Kein Wunder, Egoismus und Nationalismus verdrängen die Kultur der Nächstenliebe. Schon gemerkt, wie abfällig über Christliches gesprochen wird? Das Recht des Stärkeren ersetzt inzwischen unübersehbar das Kreuz. So verlernen viele zu hoffen und zu vertrauen – und werden verführt von rechtsextremen Unheilsanbetern. [...]
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