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Titelthema
Leid bewältigen

Wenn wir leiden müssen

Wenn wir leiden müssen
Zuwendung ist besonders wichtig in Zeiten von Krankheit. Ein vertrauter Mensch an der Seite oder als Besucher im Krankenhaus wirkt heilsam, ebenso wie die Begleitung eines Seelsorgers oder einer Seelsorgerin.
Foto: SeventyFour/iStock
In der bevorstehenden Karwoche wird der Blick auf das Leiden und Sterben Christi gelenkt. Der Kreuzweg und die Karfreitagsliturgie sind Durchgangsstationen hin zur befreienden Feier der Auferstehung. Wer sich selbst in einer Situation der Krankheit, des körperlichen oder seelischen Leids befindet, kann durchaus Trost in dem von Jesus erduldeten Schmerz und der Perspektive auf eine Erlösung finden. Aber nicht jeder vermag diesen Weg mitzugehen und auch noch einen Sinn in schweren Zeiten zu erkennen. Wie gehen Menschen mit Leid um – mit dem eigenen und dem von Angehörigen? Wie bewältigen sie solche harten Prüfungen? Franziskanerpater Christoph Kreitmeir steht als Krankenhausseelsorger am Klinikum Ingolstadt betroffenen Menschen in diesen Situationen bei und berichtet von seinen Erfahrungen mit Leben, Leiden, Sterben und dem Danach …

Pater Christoph, der Umgang mit Leid ist vermutlich die schwierigste Aufgabe im Leben. Wie unterschiedlich gehen Menschen nach Ihrer Erfahrung damit um?

Aus meiner Erfahrung mit Patienten hier im Krankenhaus oder mit alten Menschen wollen sich 85 bis 90 Prozent mit dem Thema Leid am liebsten gar nicht beschäftigen. Und wenn es kommt, ertragen es die meisten zähneknirschend oder stoisch. Es gibt die klassischen Strategien des Vermeidens, des Ausweichens und Verdrängens. Oder es wird versucht, sich die Realität schönzumalen. Der wirkliche Konflikt und seine Ursachen wollen nicht bearbeitet werden, sie werden verlagert. Manche reagieren auch mit Verärgerung und Wut, die dann aggressiv auf das Krankenhauspersonal gelenkt werden.

Gibt es auch einen positiven Umgang mit Leid?

Ja, den gibt es. Es gibt Patienten oder Angehörige, die in der Art, wie sie mit ihrem Schicksal umgehen, etwas zu geben vermögen. Heute wurde ich zum Beispiel in den »Stilleraum« gerufen, wo bereits jemand verstorben war: eine 19-Jährige. Ich habe dort einen Vater erlebt, einen einfachen Arbeiter, der auf eine liebevollgefasste Weise mit seinem Schicksal umging und sich dann noch herzlich bei mir bedankte, dass ich gekommen war. Von solchen Menschen kann man wirklich lernen.

Viele leidgeprüfte Menschen fragen: Wo ist denn jetzt Gott? Warum tut er nichts? Die berühmte Theodizeefrage – was antworten Sie darauf?

Der Anfängerfehler ist: Der Seelsorger oder die Seelsorgerin fühlt sich berufen, den lieben Gott zu verteidigen. Das geht daneben und ist auch überhaupt nicht gefragt. Ich gebe nur sehr dosiert eine Antwort und halte das Schweigen aus. Manchmal drehe ich die Frage »Warum gerade ich?« um: »Warum denn ich nicht?« Warum soll es mir besser gehen als vielen anderen? »Unter jedem Dach ein Ach!« Viele Menschen stellen diese Frage nach Gott heute allerdings gar nicht mehr oder nehmen das Leid gleich als Beweis dafür, dass es ihn nicht gibt. [...]
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