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Titelthema
Warum ich bleibe

Warum ich in der Kirche bleibe

Warum ich in der Kirche bleibe
»Gott ist für mich ein Geschenk« sagt Ralf Salamon aus Augsburg
Foto: Dach
Knapp 40 000 Frauen und Männer in der Diözese sind im Jahr 2022 aus der katholischen Kirche ausgetreten, wie die jüngste Statistik verrät. Neben denen, die die Missbrauchsfälle, stockende Reformen oder die Kirchensteuer als Gründe anführen, gibt es auch immer mehr Menschen, die mit Gott, dem Glauben und der Kirche überhaupt nichts mehr zu tun haben. Demgegenüber wirken die Frauen und Männer, die in dieser Titelgeschichte zu Wort kommen, beinahe wie Exoten. Denn sie haben gute Gründe dafür, in der Kirche zu bleiben. Alle fünf sind sich einig, dass ein Leben ohne Glaube, ohne Gott oder die Gemeinschaft, die sie in ihren Kirchengemeinden erleben, für sie unvorstellbar wäre.

Sigrid Frommer fühlt sich in ihrer Kirchengemeinde in Böblingen genau an der richtigen Stelle. »Vater unser ist die Gemeinde, die ich mir ausgesucht hätte«, betont die 59-Jährige. Das Ökumenische Gemeindezentrum auf der Diezenhalde, das neben hellen und luftigen Räumen und einem modernen Geist auch eine evangelische und eine katholische Kirche beheimatet, ist für sie etwas Besonderes. Hier bringt sie sich seit Jahren gerne ein – in der katholischen Kirche aber auch in der Ökumene, die hier mit Herzblut gelebt wird. Was wäre ihr Leben ohne die Kirche? »Ich hätte mehr Freizeit«, antwortet die 59-Jährige lachend.

Auch Petra Honikel (46) aus Ravensburg, Birgit Kroeker (74) aus Korntal-Münchingen, Ralf Salamon (23) aus Laupheim oder Joachim Pierro (61) aus Benningen bringen sich engagiert für die Kirche ein. Im Gegensatz zu so vielen, in deren Alltag Gott, Kirche und Glaube keine Rolle mehr spielen, finden sie in ihren Gemeinden Gelegenheit, ihren Glauben, Zeit und Freude miteinander zu teilen, Gemeinschaft zu erleben und Gottes Nähe zu spüren.

Und damit stehen sie nicht alleine da: »Warum ich in der Kirche bleibe« – 2022 hat Pater Anselm Grün ein Buch mit diesem Titel veröffentlicht. Darin viele mutmachende Impulse. Auch Christian Kuster, Theologe, Männerseelsorger und Religionslehrer aus dem bayerischen Großkarolinenfeld, hat sich mit dem Thema beschäftigt. Er arbeitet acht Argumente heraus, die ihn in der Kirche halten: »Ich bin in der Kirche«, schreibt er, »weil sie Visionen und Zukunft hat. Weil sie einen kostbaren Schatz durch die Zeiten trägt. Weil sie Halt und Orientierung gibt. Weil sie der mystische Leib Christi ist. Weil sie meine Wurzel ist. Weil Jesus ihr treu bleiben würde. Weil es keine bessere Alternative gibt.« Und: »Weil sie wie eine Mutter ist.«

Für den Familienvater ist die Kirche fehlbarer und zerbrechlicher Garant für Gottes Nähe. »Sie bildet eine Einheit aus zwei Wirklichkeiten«, stellt er klar. »Der sichtbaren, institutionellen Kirche und der unsichtbaren, himmlischen Kirche. Sie verweist auf Gott, sie transzendiert den sterblichen Menschen in die Nähe Gottes hinein, gibt ihm Orientierung, Zukunft und Trost. Wer soll uns in einer multioptionalen Welt aufzeigen, wo es langgeht?«, fragt er und bietet an: »Wenn die Kirche am Puls der Zeit bleibt und die Nöte der Menschen ernst nimmt, hat sie sehr viel zu sagen. Christen sind Hoffnungsträger, sie sind Anwälte des Lebens, sie sind Friedensstifter.« [...]
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