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archivierte Ausgabe 43/2023
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Bibel für die Kleinen |
Bibel für die Kleinen |
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Die Bibel versteht doch kein Kind? Im Gegenteil, einige Geschichten, darunter nicht nur Jesus-Geschichten, helfen Kindern Erfahrungen und Vertrauen zu sich selbst und zu ihrem Umfeld sammeln. Foto: Anastasiia Stiahailo/iStock |
In der Bibel stehen brutale und oft mals schwer zu verstehende Geschichten – an sich nichts, was Eltern ihren Kindern so ohne Weiteres vorlesen würden. Daher gibt es Kinderbibeln, die die Geschichten von Jesus und seinen Jüngern oder aus dem Alten Testament in vereinfachter Sprache und mit vielen Bildern darstellen. Aber auch da sollte man als Elternteil ein Auge darauf haben, ob die Kinderbibel geeignet für das Kind ist. Unsere Autorin Christin Probst ist Lehrerin für religionssensible Erziehung im Elementarbereich für Kitas und weiß daher, wie Eltern oder andere Bezugspersonen Bibelgeschichten den Kleinen näher bringen können.
Die Bibel und Märchen sind keine ursprüngliche Kinderliteratur, denn oft geht es darin gewalttätig zu oder die Geschichten sind kompliziert. Zwar gibt es eigens für Kinder geschriebene Bibeln und biblische Geschichten, doch die dort angeführten Altersangaben sind immer nur Richtwerte. Wer Kindern eine Bibelgeschichte vorlesen oder erzählen will, muss daher auch abwägen, ob sie für die jeweilige Situation passt.
Bei Bilderbüchern stellt sich zuerst die Frage: Ist die Bildsprache altersangemessen und ist das zu sehen, was im Text erzählt wird? Sind die Formen und Farben klar gegliedert, die Bilder sensibel gegenüber Gewalt, Rassismus und Gender? Sind alle Hautfarben und Geschlechter ohne moralische und stereotype Aufladung vorhanden?
Bei biblischen Geschichten stellt oft schon die Sprache eine Hürde dar. Biblische Übersetzungen sind sprachlich oft anspruchsvoll und haben tradierte Fachbegriffe. Doch was soll ein Vierjähriger mit dem Begriff der »Jungfrau Maria« oder dem »Erstgeburtsrecht« bei Jakob und Esau anfangen? Hier müssen Begriffe umschrieben, erklärt oder ersetzt werden. Für die ganz Kleinen ist eine Erzählung möglichst einfach und in Form einer Kettenerzählung mit vielen Wiederholungen zu gestalten, wie beispielsweise in der ersten Schöpfungsgeschichte (Gen 1,1–2,3): Gott erschafft die Sonne, die Sterne, die Tiere und die Pflanzen – all das kennen die Kinder aus ihrer Lebenswelt. Die Bestätigung »Und es war gut« vertieft jedes Mal das Vertrauen in eine Schöpfung, die gewollt und geliebt ist. Im Zentrum steht das Staunen über die Schönheit der Welt.
Spannender wird es, wenn eine Dramatik in der Handlung auftaucht: In Babel wollen die Menschen, berauscht von ihrer eigenen Macht, einen Turm bis in den Himmel bauen und werden schließlich von Gott durch Sprachverwirrung gestoppt. Der amerikanische Theologe James W. Fowler untersuchte die Frage, wie sich Religion und letzte Überzeugungen im Lebenslauf ausbilden und beantwortete diese mit seinem Stufenmodell. Demzufolge haben Kinder bis in die Grundschulzeit hinein ein wörtliches Verständnis von den Dingen. Metaphern und das weite Feld der Interpretationen und Bedeutungen bleiben ihnen meist verschlossen. In der Erzählung vom Turmbau zu Babel scheint dies kein Problem zu sein: Ein Turm bis in den Himmel zu bauen, um genauso groß wie Gott zu sein, ist auch in wörtlichem Verständnis gewagt. Hier ist keine »Bedeutung« nötig, um dieses Bild zu verstehen, und es kommt auch niemand zu Tode.
Doch in der Berufsschule fanden mehr als die Hälfte der angehenden Erzieherinnen die Geschichte für den Kindergarten ungeeignet. Sich in die Kinder hineinversetzend, fragten sie sich, ob Gott Teamarbeit nicht gut fände, ob das Bauen von Hochhäusern generell verwerflich sei, ob die Verständigung zwischen Eltern und Kindern auch in Gefahr sei und ob Hochmut überhaupt ein Thema dieses Alters ist? Warum Gott nicht einfach herunterkäme, um mit den Menschen zu reden? Mein siebenjähriges Patenkind dagegen fand den Turmbau völlig logisch, um endlich Gott sehen zu können – daraus ergab sich ein intensives Theologisieren mit dem Bruder. [...]
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