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archivierte Ausgabe 49/2023
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Titelthema |
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Bischof in der Wendezeit |
Gebhard Fürst – ein Bischof in der Wendezeit |
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Zeit: 17. September 2000. Ort: der Dom in Rottenburg. Gebhard Fürst, gerade zum Bischof geweiht, verspricht, dass er »mit Mund und Herz und Hand« von Gottes Heilszusage bezeugen wird, die besonders den Ausgestoßenen und Verlorenen gilt. Im Hintergrund am Bischofsstuhl sein Wappen sowie sein Wahlspruch »Propter nostram salutem – um unseres Heiles Willen«, entnommen aus dem Großen Glaubensbekenntnis. Foto: KNA |
»Ein Bischof in der Wendezeit« – diese Formulierung mag zunächst verwundern. Unter der »Wendezeit« versteht man im Allgemeinen die Zeit um den Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer und danach. Da war Gebhard Fürst noch nicht Bischof, sondern Direktor der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Freilich war auch er in die Ereignisse dieser Zeit involviert und konnte daraus starke Impulse für eine weltoffene Begegnung und einen in vielerlei Hinsicht grenzüberschreitenden Dialog in sein Bischofsamt mit hineinnehmen – als Vorbereitung für die kommenden Jahre, in denen sich ebenfalls noch vieles in Welt und Kirche wenden sollte. Thomas Broch wagt eine erste Bilanz.
»Wendezeit« waren die dann folgenden zwei Dekaden des neuen Jahrhunderts allerdings in ganz anderer Weise. Dieses Stichwort markiert eine Epoche tiefgreifender Wandlungsprozesse, die die Weltgemeinschaft insgesamt und auch die Gesellschaft in Deutschland verändert haben. Stichworte dafür sind unter anderem das furchtbare Scheitern des »Arabischen Frühlings«, der 11. September 2001, Kriege in Afghanistan, in der Ukraine und jüngst wieder in Israel und Palästina; die dramatisch sich verschärfende Klimakrise und die Zerstörung der natürlichen Umwelt gehören dazu und ebenso die aus diesen Ereignissen resultierende globale Flucht- und Migrationsbewegung; nicht zuletzt aber auch eine Kirchenkrise, die vielleicht die schwerwiegendste Erschütterung seit der Reformation bedeutet.
Der Verweis auf diese Zeitläufte ist gewiss nicht die einzige Perspektive, unter der die Amtszeit von Bischof Gebhard Fürst gesehen werden kann. Aber sie haben die Geschehnisse in der Diözese Rottenburg- Stuttgart mitgeprägt, und dass die Kirchenkrise mehr als die Hälfte seiner Amtszeit überschattet, gehört sicher zu den bitteren Seiten seiner Bilanz. Zu dieser Bilanz gehört aber auch die Art und Weise, wie er die Herausforderungen, die diese Entwicklungen an ihn stellten, angenommen hat und ihnen begegnet ist.
Das sei im Folgenden exemplarisch an vier Themenbereichen skizziert: am Einsatz für eine schöpfungsfreundliche Kirche, an der Initiative für geflüchtete Menschen, an der Auseinandersetzung mit dem Skandal des sexuellen Missbrauchs in der Kirche und an den Bemühungen um Dialog und Reform.
Die Liebe zur Schöpfung in all ihrer Vielfalt ist in ihm schon früh durch das Beispiel seines Vaters, eines Gärtners, angelegt. Eine »schöpfungsfreundliche Kirche« ist ein integrales Moment seiner Ekklesiologie. »Wir sind nicht Shareholder, sondern Treuhänder der Schöpfung«, betont er immer wieder und beruft sich dabei auf die zweite biblische Schöpfungserzählung, der zufolge Gott den Menschen zum Hüter des Gartens Eden bestellt (Gen 2,15). Bereits als Akademiedirektor hat er das Dach des Erweiterungsflügels des Tagungszentrums in Stuttgart-Hohenheim mit einer Photovoltaikanlage ausstatten lassen, und bald nach seinem Einzug ins Rottenburger Bischofshaus lässt er dort eine PV-Anlage installieren, die zwischenzeitlich mehrfach erweitert wurde. [...]
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