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Titelthema
Papst Franziskus

Verstehen wir Franziskus richtig?

Verstehen wir Franziskus richtig?
Papst Franziskus hat kürzlich Vertreter indigener Völker empfangen: Das Hinschauen und Zuhören in der unmittelbaren Begegnung setzt er gern an die Stelle gesellschaftskritischer Analysen.
Foto: KNA
Der Konflikt um das Reformprojekt Synodaler Weg in Deutschland eskaliert seit dem Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom im vergangenen November immer mehr. Insbesondere von Papst Franziskus, der vor zehn Jahren sein Amt angetreten hat und als »Reformer« galt, fühlen sich viele deutsche Bischöfe vor den Kopf gestoßen und reagieren enttäuscht. Es stellt sich die Frage: Was will dieser Papst eigentlich und wie ist er zu verstehen? Auch von seiner Antrittsenzyklika »Evangelii gaudium« (Freude des Evangeliums) ist nach zehn Jahren zumindest in Deutschland und wohl auch anderorts nicht mehr viel zu spüren. Haben die Kritikpunkte des Vatikans am Synodalen Weg möglicherweise etwas mit der persönlichen Geschichte von Franziskus zu tun? Unsere Autorin, Ursula Wollasch, hat Zusammenhänge herausgearbeitet.

Es gibt eine Tradition in der katholischen Kirche, päpstliche Enzykliken nach zehn Jahren nochmals in Erinnerung zu rufen und zu würdigen. Auf diese Weise sind manche Verlautbarungen entstanden, die auch heute noch Wegweisendes enthalten. Bei »Evangelii gaudium«, der Antrittsenzylika von Papst Franziskus, die in diesem Jahr zehn Jahre alt wird, sieht das anders aus. Ganz offen stellte kürzlich die Paderborner Theologieprofessorin Agnes Wuckelt, die auch Mitglied der Synodalversammlung ist, auf katholisch.de die Frage, ob bei »Evangelii gaudium« das »Verfallsdatum« abgelaufen sei. Enttäuschung und Verärgerung sind ihrem Statement deutlich anzumerken.

Doch bringt es etwas, in der gegenwärtigen Situation, in der sich der Konflikt um den Synodalen Weg mit dem Vatikan zuspitzt, nochmals einen Blick in einen Text von 2013 zu werfen? Wenn eine nochmalige Lektüre sinnvoll sein soll, dann nur, um besser zu verstehen, was zur Zeit in offenen oder geheimen Briefen oder in Interviews verhandelt wird. Es gibt drei Themenkreise, um die sich die römische Kritik am gemeinsamen Vorgehen der deutschen Bischöfe und Laien dreht.

Kritisiert wird eine falsche Haltung, die sich zu sehr auf systemische und strukturelle Fragen konzentriere, eine ungeeignete, weil zu bürokratische Methode und eine elitäre, aber nicht repräsentative Zusammensetzung der Synodalversammlung. In unterschiedlichen Versionen tauchen diese drei Kritikpunkte, die von den Verantwortlichen auf deutscher Seite naturgemäß vehement zurückgewiesen werden, immer wieder auf.

Wenn man »Evangelii gaudium« liest, weiß man, wo diese Kritik herkommt. Sie ist weder zufällig noch belanglos. Sie geht nicht auf die plaudernde, für manche fast etwas geschwätzige Art eines leutseligen Papstes zurück, der sich bei seinen Auslandsreisen im Flieger gern mit Journalisten über kirchenpolitische Themen der Weltkirche unterhält. Sie ist auch nicht das Ergebnis einer unfreundlichen Kommunikationspolitik des Vatikan oder einfach einer theologischen Engstirnigkeit einiger Kurienkardinäle. [...]
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