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Glaubensland
CAFE KRÄNZCHEN

Weil ein Friedhof auch ein Ort des Lebens ist

Weil ein Friedhof auch ein Ort des Lebens ist
Herzliche Einladung ins Café Kränzchen: Christine Göttler-Kienzle (li.) und ihre ehrenamtlichen Kolleginnen freuen sich auf ihre Gäste.
Foto: Müller-Baji
Donnerstags geschieht Erstaunliches auf dem Pragfriedhof: Nur einen Steinwurf vom Krematorium entfernt räumen Ehrenamtliche Tische, Stühle und Omas bestes Kaff eeservice heraus: Das »Café Kränzchen« ist Trost- und Ruheort – und führt Menschen zusammen.

»Das ist ja der Wahnsinn«, freut sich Christine Göttler-Kienzle, Gemeindereferentin von St. Georg angesichts der vielen Besucher: Schließlich wird noch eine Biertisch-Garnitur herbeigeschafft, damit alle Gäste Platz finden. Das »Café Kränzchen« bietet die Stuttgarter Bürgerstiftung gemeinsam mit den angrenzenden Kirchengemeinden an – St. Georg auf der einen Seite, die evangelische Nordgemeinde auf der anderen: Bei schönem Wetter gibt es bereits seit Mai immer donnerstags kostenlos Kaffee und Kuchen sowie die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Das Café lebt dabei von seinen unterschiedlichen Gästen: Wer zum Trauern hergekommen ist, dem mag das Freiluft-Kaffeehaus im Friedhof wie eine Oase der Normalität erscheinen. »Manchmal fließen auch Tränen, das liegt hier in der Natur der Dinge«, bestätigt Projektleiterin Katja Simon, die das Angebot für die Bürgerstiftung betreut.

Andere Besucher mag es animieren, ihrerseits einmal darüber nachzudenken, wie sie selbst bestattet werden möchten: »Ich habe alles schon geregelt«, sagt eine Seniorin gerade. »Ich überlasse das lieber meinem Sohn, der soll das so machen, wie er es braucht«, erklärt ihre jüngere Tischgenossin: »Das bin ja sowieso nicht mehr ich, die da bestattet wird, sondern nur noch das, was übriggeblieben ist.« Philosophische Gedanken zwischen zwei Tassen Kaffee.

Das »Café Kränzchen« belegt auch, wie sich die Wahrnehmung von Friedhof verändert hat: Die ältere Dame besucht regelmäßig ihren Mann, der auf dem Pragfriedhof bestattet ist. Die beiden Freundinnen am selben Tisch erzählen hingegen, dass sie regelmäßig auf dem Pragfriedhof spazieren gehen, »wie in einem Park«.

Tatsächlich sind Friedhöfe heute nicht mehr nur Trauerorte. Gerade in den Großstädten sind sie auch Orte der Ruhe, an denen Menschen Abstand vom Alltag gewinnen können. Gleichzeitig haben sich die Bestattungsgewohnheiten geändert – immer mehr traditionelle Erdgräber bleiben leer. Was Rufe nach Alternativnutzungen der Friedhöfe laut werden lässt. [...]
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