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archivierte Ausgabe 5/2019
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Der gekränkte Mensch (2): Woran man ihn erkennt |
Wenn jemand kein gutes Haar am anderen lässt |
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Ein falsches Wort zur falschen Zeit kann beim anderen das berühmte Fass der aufgestauten Kränkungen zum Überlaufen bringen und in maßlose Wut umschlagen.
Foto: laflor/iStock |
Man muss keine Psychologie studiert haben, um die beleidigte Leberwurst zu erkennen, jene Person, deren Mundwinkel auf zwanzig nach acht steht oder deren Worte jahrelang gepflegte Verbitterung erkennen lassen. Und es leuchtet jedem ein, dass aggressive Menschen, penetrant rechthaberische Personen und süffisante Zyniker verletzte Seelen sind. Auch lässt sich eine aufgesparte Demütigung hinter Zeitgenossen vermuten, die bei allen Gelegenheiten andere schlechtreden und kein gutes Haar an ihnen lassen. Weitaus schwieriger ist es, völlig unverdächtige, aber dennoch unangepasste Verhaltensweisen als Symptome einer chronischen Kränkung zu entlarven. Hier bedarf es kritischer Selbsterkenntnis und schonungsloser Eigenanalyse.
Regelmäßiges Zuspätkommen weist auf eine frühe Kränkung hin. Das mag verwundern. Wie das? Wenn Kinder und Jugendliche immer wieder reglementiert werden, wenn sie übertrieben zum »Funktionieren« erzogen werden und kaum Möglichkeiten haben, Widerstand und Eigensinn zu entwickeln, werden sie im Erwachsenenalter den nicht gelebten Trotz nachholen. Eine Möglichkeit ist dann das chronische Zuspätkommen um nur wenige Minuten. Es ist nicht viel, aber immer. Sie trödeln.
Dabei legt sich das Unterbewusste plausible Entschuldigungen zurecht, die teilweise arrangiert werden, beispielsweise eine Busverspätung, ein wichtiges Telefonat, das Suchen des Portemonnaies. In Wahrheit wird hier unbewusst protestiert gegen gesellschaftliche Vorgaben; man will das enge Korsett der sozialen Regeln sprengen und seine Freiheit ausleben, was man als Kind nicht durfte. [...]
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