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archivierte Ausgabe 9/2023
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Glaubensland |
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SUIZID |
Wenn sich ein Mensch das Leben nimmt … |
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Wenn sich ein Mensch dafür entscheidet, seinem Leben ein Ende zu setzen, lässt er viele andere erschüttert zurück. Warum? Die Frage lässt Angehörige und Freunde nicht mehr los. Foto: Weingartner/picture-alliance |
Das Schicksal des verschwundenen Mädchens aus dem Rems-Murr-Kreis hat viele Menschen berührt. Sie alle haben vergeblich das Beste gehofft: Laut Polizei hat sich die junge Frau das Leben genommen. Margit Wagner vom Arbeitskreis Leben (AKL) Böblingen kennt die schwierige Situation der Hinterbliebenen nach Suizid. Seit Jahren steht sie ihnen zur Seite.
»An Suizid habe ich nicht gedacht«, sagt Margit Wagner mit Blick auf die junge Frau aus Grunbach, die nach langer Suche im Februar leblos in einem Waldstück im Landkreis Esslingen gefunden wurde. »Das hörte sich eher nach einem Verbrechen an. Und doch«, fährt die Leiterin des Arbeitskreises Leben Böblingen e. V. fort, »gibt es Menschen, die, um sich das Leben zu nehmen, bewusst einen Ort wählen, wo sie nicht gefunden werden.«
Die Kinderkrankenschwester und Berufsschullehrerin weiß, dass viele, die über Selbsttötung nachdenken, bis zuletzt ambivalent sind. »Das kann jederzeit in die eine oder andere Richtung gehen«, erklärt die 69-Jährige, die sich an Frauen wie Männer erinnert, die – vermeintlich gefestigt – aus der Psychiatrie entlassen wurden und einen Tag später tot waren. »Viele wirken nach außen ganz anders, als es innen drin aussieht. Manche treffen die Entscheidung spontan und heben die Welt ihres Umfeldes damit komplett aus den Angeln. Plötzlich ist nichts mehr wie es war – auch die Angehörigen sind nie wieder dieselben wie zuvor.« Was hilft ihnen jetzt?
»Grundsätzlich ist es wichtig, viel über das Geschehene zu reden«, sagt die Sindelfingerin. »Je mehr die Menschen offen darüber sprechen können, desto eher kommen sie damit zurecht.« Das bestätigen auch die Frauen und Männer in Margit Wagners monatlicher Trauergruppe, die vom AKL für Betroffene in der Diözese angeboten werden. »Auch wer suizidgefährdet ist, sollte sich unbedingt jemandem anvertrauen«, betont Margit Wagner und berichtet von den niederschwelligen Angeboten der AKL, vom Internetportal »U25«, in dem junge Leute Jugendliche coachen, von anonymen Beratungen oder Telefon-Hotlines.
Wer sich mit Suizidgedanken an uns wendet, hat die Dinge schon durchdacht«, bemerkt sie, und wie wichtig es ist, dass sie und ihre Kollegen da sind. »Wir hören zu, sind empathisch und nehmen die Menschen ernst«, sagt Margit Wagner. Etwa 80 Anfragen im Raum Böblingen bearbeitet ihr Team im Jahr – 11.000 Euro gibts dafür vom Land, 5000 Euro vom Landkreis. Ein Team, das gerne wachsen darf: »Aktuell sind wir zu neunt – es wäre schön, mehr Ehrenamtliche zu gewinnen.« Wer mitarbeiten möchte, durchläuft eine Fortbildung »Ehrenamtliche Krisenbegleitung«. Darin geht es um Gesprächsführung, Selbsterfahrung, psychische Erkrankungen aber auch um Abgrenzung für die Ehrenamtlichen.
»Suizid ist ein Thema, das mich seit meiner Kindheit in meinem weiteren Umfeld begleitet«, erzählt Margit Wagner. Vor sechs Jahren wurde die 69-Jährige aktiv: »Ich habe das Gefühl, einen ganz wertvollen Dienst zu tun. Ich erlebe Menschen, die total niedergedrückt sind und nach einem Gespräch wieder Luft bekommen. Diesen Leuten helfen zu können, macht mich glücklich«, sagt Margit Wagner. 30 Personen haben sich 2021 im Landkreis Böblingen das Leben genommen. 30 zu viel. [...]
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