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Gewalt und Pornografie im Klassenchat

Gewalt und Pornografie im Klassenchat
Was Kinder sich gegenseitig auf dem Smartphone schicken, wissen viele Eltern gar nicht. Dabei werden viel zu oft verstörende Bilder und Videos versendet.
Foto: pm
Was ihre Kinder in Klassenchats sehen und selbst verbreiten, wissen Mütter und Väter oft nicht. Dabei machen oft Gewalt- und Pornografieszenen die digitale Runde auf den Smartphones. Schulleiterin Silke Müller aus Niedersachsen hat deshalb jetzt ein Buch geschrieben, das aufrütteln soll.

Ein Welpe, der totgetreten wird. Ein Mann, der vor laufender Kamera kastriert wird. Ein kleines Mädchen, das vergewaltigt wird. Fotos oder Videos von diesen Szenen hat Silke Müller auf den Smartphones ihrer Schüler gefunden – vielfach geteilt auf Social Media oder verschickt in Klassenchats. Dies seien keine Einzelfälle, sagt die Lehrerin. Deshalb hat Müller, die auch Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen ist, jetzt ein Buch geschrieben. Darin fordert sie von Eltern und Politik, nicht länger wegzusehen.

»Ich will aufrütteln und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass unsere Kinder und Jugendlichen in ihrem Alltag und ihrer Lebenswelt durch die negativen, mehr und mehr verrohenden Entwicklungen im Netz so gefährdet und beeinflusst sind wie nie zuvor«, sagt die 43 Jahre alte Pädagogin einer Oberschule im Landkreis Oldenburg.

Dabei sei immer mehr zu beobachten, dass Kinder und Jugendliche nicht zwangsläufig mit Verängstigung auf solche Bilder reagierten. Oft konsumierten »sie gedankenlos, leiten teils strafbare Dinge gleichgültig weiter und ignorieren im Grunde das klare Signal, dass andere öffentlich gedemütigt oder gequält werden«, so Müller weiter.

Es sei zwar richtig, dass »die Faszination des Grausamen und Pornografie als Geschäftsmodell vermutlich so alt wie die Menschheit selbst sind. Dass aber junge Menschen, die ihre Moralund Wertvorstellungen erst entwickeln müssen, so leicht Zugang zu menschlichen Abgründen haben – und zwar 24 Stunden täglich –, ist eben nicht immer schon so gewesen«, erklärt Müller.

Dabei betont sie, dass es nicht die Kinder und Jugendlichen seien, die Schuld an dieser Entwicklung trügen. »Sondern wir, die es schlicht versäumt haben, ethische Werte und Normen für einen Umgang miteinander im Netz auszuhandeln.« Sie macht bei vielen Kindern unreflektiertes und sich selbst gefährdendes Agieren im Netz aus – vorgelebt durch Erwachsene.

Auf mehr als 200 Seiten gibt die Autorin Beispiele von Fällen, die demnach an ihrer Schule passiert sind. Da ist etwa ein zwölfjähriges Mädchen, das heimlich mitten im Unterricht einen expliziten Chat mit einem unbekannten Mann hatte – um ihn dazu zu bewegen, ihr ein Bild von seinem Geschlechtsteil zu schicken. In dem anschließenden Gespräch mit der Schulleiterin sagte das Mädchen, es handele sich »dabei doch um eine Challenge, die jeder kennt und bei der total viele mitmachen«. [...]
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