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archivierte Ausgabe 11/2023
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Elternhaus |
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KREBSKRANKE ELTERN |
Das Schweigen in der Familie belastet die Kinder |
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»Papa, spiel mit mir!« – Kinder haben feine Antennen, sie spüren, wenn Eltern Sorgen haben oder wenn Unausgesprochenes im Raum steht. Auch wenn es den Eltern schwerfällt, ist es letztlich besser, offen über die Krankheit zu sprechen. Foto: fizkes/iStock |
Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, ist das für die ganze Familie eine emotionale Erschütterung. Dabei geraten die Kinder schnell aus dem Fokus. Das Schweigen in der Familie verschlimmert ihre Situation oft. Denn egal wie alt die Kinder sind – sie spüren diese seltsame Stimmung, die sie nicht einordnen können. Wenn Kinder nicht wissen, was passiert ist, suchen sie selbst nach Antworten, die viel belastender sein können als die Wahrheit.
Brustkrebs – für Birgit (Name geändert) ist die Diagnose ein Schock. Wie vertrage ich die Therapie? Kann ich noch arbeiten gehen? Wo kann ich Hilfe beantragen? Was soll ich meiner Tochter sagen? Tausende Gedanken schießen der 42-Jährigen durch den Kopf. Ein Glück für die Alleinerziehende, dass ihr Kerstin Liebing als »Familien-Scout« beisteht. Die Heilpädagogin berät Familien zu Hause, steht wie eine Art Lotsin bei der Krankheitsbewältigung bei und zeigt Unterstützungsangebote auf. Sie hat Birgit nicht nur bei dem Antrag auf eine Haushaltshilfe geholfen und den Kontakt zu einer Psychoonkologin hergestellt. Auch bei der Kommunikation mit ihrer Tochter Anna hat ihr die Familienberaterin zur Seite gestanden.
Denn obwohl – oder: gerade weil – sie nichts von der Diagnose wusste, veränderte sich die Zwölfjährige, zog sich in ihr Zimmer zurück, traf sich kaum noch mit Freundinnen, verschlechterte sich in der Schule. »Kinder haben feine Antennen. Sie spüren: Hier stimmt was nicht, irgendwas hat sich verändert«, weiß Liebing.
Die Mutter, die sonst fröhlich war, ist vielleicht stiller geworden oder wischt sich rasch die Tränen aus den Augen, wenn das Kind in den Raum kommt. Oder die Erwachsenen reden nur noch leise tuschelnd miteinander. Kinder können einen solchen Stimmungswechsel meist nicht einordnen, trauen sich aber auch nicht nachzufragen. Selbst Zweijährige spüren solche Veränderungen. »Manche werde scheinbar ohne Grund aggressiv, weil ihnen die Worte fehlen«, oder entwickeln andere psychische Auffälligkeiten, erklärt Liebing.
Ihre Aufgabe als »Familien-Scout« sieht sie auch darin, Eltern zu stärken, indem sie selbst mehr Sicherheit im Sprechen über die Erkrankung bekommen. Die Familienberaterin hat auch Birgit unterstützt, so dass sie gut gerüstet war für Gespräche mit ihrer Tochter. Anna konnte sie außerdem das Online-Angebot des Mainzer Vereins Flüsterpost vermitteln (www.kinder-krebskranker-eltern.de). Kinder und Jugendliche krebserkrankter Eltern haben dort die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum auszutauschen.
Schätzungen zufolge sind bis zu 100 000 Familien pro Jahr von einer schweren Krankheit der Eltern betroffen. Aber nur in zehn Prozent der Fälle sei der Blick auf die Kinder ein Thema im Arztgespräch, beobachtet Franziska Geiser, Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn.
Nach einer Diagnose fallen Familien meist in eine Schockstarre und in ein Gefühlschaos. Die Erkrankten müssen den Befund und die anstehende Behandlung verarbeiten, ihren Alltag neu organisieren. Dabei sei es gerade jetzt für Kinder wichtig, dass sie ein Stück Normalität behalten, etwa weiter zum Kindergarten oder Ballett gefahren werden, sagt Geiser. [...]
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