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Elternhaus
MOBBING

Unser Kind war ständigen Schikanen ausgesetzt

Unser Kind war ständigen Schikanen ausgesetzt
Das Gefühl der Hilflosigkeit hinterlässt bei den Betroffenen tiefe Narben. Denn die Schikanen und Angriffe durch Mitschülerinnen und Mitschüler bleiben oft lange verborgen.
Foto: Inside Creative House/iStock
Für viele Kinder ist Mobbing ein ernstes Thema. Sie werden von Mitschülern ausgelacht, gehänselt, gemieden und nicht selten ist neben der seelischen Gewalt auch körperliche Gewalt im Spiel. Mobbing geschieht zumeist an Schulen, meist hinter dem Rücken der Lehrkräfte, und anfangs auch von den Eltern unbemerkt. Für die betroffenen Kinder wird damit die Schule zum Ort der Tortour. Auch unser Sohn war ein Mobbingopfer.

Nie hätte ich gedacht, dass unser Kind zum Mobbingopfer werden könnte. Mobbing hatte ich als mögliche Bedrohung überhaupt nicht auf dem Radar. Dass es uns als Familie so heftig erwischt, war für mich undenkbar. Schließlich sind wir liebevolle Eltern und sozial bestens integriert. Das würde dann wohl auch für unsere Kinder gelten.

Am schlimmsten war die Phase des Zweifelns und der Suche. Etwas stimmte nicht in der Schule. Doch konnten wir die Berichte der Lehrer, die immer wieder die Verhaltensauffälligkeiten unseres Sohnes in den Blick nahmen, und den Jungen, den wir zu Hause erlebten, nicht übereinbringen. Es schien, als wäre das Kind, das wir in die Schule schickten, ein anderes als das, welches mit uns in der Familie lebte.

Ein Kind, das im ersten Schuljahr zum Mobbingopfer wird, kommt nicht nach Hause und analysiert: Ich werde gemobbt. Wie jedes Opfer von Missbrauch erlebte auch unser Sohn Mobbing als »normal«. Er begann, wie alle anderen Mobbingopfer, an sich zu zweifeln. Wenn ihn keiner mochte, lag das wohl an ihm. Und so zerfiel ein strahlender kleiner Junge geradezu vor uns, wurde ängstlich, blass, war schnell erregt und wütend.

Jeder Nachmittag nach der Schule wurde zur emotionalen Zerreißprobe. Anfangs glaubten wir den Lehrern und es hagelte auch noch Vorwürfe von unserer Seite. Wir sehr schäme ich mich heute dafür!

Als unser Sohn in der fünften Klasse war, bat ich ihn, jeden Vorfall schriftlich aus seiner Sicht zusammenzufassen. Ich war schockiert, wie sehr sich seine Versionen der »Konflikte« von jenen der Lehrer unterschieden. Ich erfuhr, dass er schon beim Betreten der Klasse mit einem Stöhnen und dem Kommentar: »Kannst Du nicht einmal krank sein?« begrüßt wurde, dass er bereits im Bus gehänselt wurde und sich in der Mensa zu niemandem an den Tisch setzen durfte.

In unserer naiven Hoffnung auf Hilfe bat ich um ein Gespräch mit dem Schulleiter. Entgegen meiner Bitte wurden die Klassenlehrerinnen, die nichts von den Versionen der Vorfälle meines Sohnes hatten hören wollen, zu dem Gespräch hinzugezogen. Ja, es gebe Mobbing, aber unser Sohn sei selbst schuld. Solange er sich nicht ändere, könne man nichts für ihn tun. [...]
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