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ERZIEHUNG

Ist die klassische Mutterrolle Vergangenheit?

Ist die klassische Mutterrolle Vergangenheit?
Strenge Eltern, aber vor allem eine strenge Mutter, gehören zum typischen Erziehungsbild von damals. Heute haben sich die Rollen bilder wie auch die Erziehungsmethoden geändert.
Foto: PeopleImages/iStock
Was macht perfekte Eltern aus? Ein strenger Vater und eine sich um alles kümmernde Mutter? Das gehört eher zu einem veralteten Familien- und Erziehungsmodell. Die Rolle der »deutschen Mutter« gehört auf den Prüfstand. Heute ist es eher wichtig bei der Erziehung, Raum zu lassen für Individualität, sagen zwei Experten – beim Kind und bei den Eltern.

Kaum etwas wird mit gleicher Sicherheit von jeder Generation hinterfragt wie die Erziehungsmethoden der Eltern und Großeltern. Beispielsweise war jahrzehntelang von der Trotzphase die Rede, wenn Kleinkinder rund um das dritte Lebensjahr mit einer beeindruckenden Ausdauer versuchen, ihren Willen durchzusetzen. »Heute heißt das Autonomiephase«, erklärt der Kinderarzt und Influencer Vitor Gatinho.

Als Kinderarzt sei er erster Ansprechpartner für pädagogische Probleme. Mit Abstand die häufigste Frage, die er von jungen Eltern gestellt bekomme: Wie gehe ich mit den Wutanfällen meines Kindes um? »Es kann äußerst frustrierend sein, wenn die Wünsche mit den eigenen Fähigkeiten kollidieren«, sagt Vitor Gatinho. Dann sei vor allem Verständnis gefordert. »Eltern müssen nicht immer streng und superkonsequent sein«, meint Vitor Gatinho, »sie dürfen auch streng und trotzdem liebevoll sein. Jede Beziehung lebt von Kompromissen und nicht von Machtausübung.« Wichtig ist ihm Empathievermittlung: »Ich verstehe, dass Du sauer bist, aber das geht jetzt nicht.«

Seit nunmehr vier Jahren befüllt Vitor Gatinho bereits seinen Instagram-Kanal mit pädagogischen Tipps und Tricks. Damit angefangen habe er im August 2020 – auch aus Langeweile während der Corona-Pandemie. Nach einem Monat hatte der Kanal bereits 120 000 Follower. Dann kamen ein Podcast, eine App und zwei Spiegel-Bestseller hinzu. Heute erreichen den Mediziner über seine Kanäle täglich bis zu 500 Fragen.

Im Zentrum stehe die Erkenntnis, dass jedes Kind individuelle Bedürfnisse hat. Ebenso wie die Mütter, fügt Barbara Vinken hinzu. Die Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft und Romanische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat sich intensiv mit dem traditionellen klassischen Rollenbild der deutschen Mutter auseinandergesetzt. Sie kommt zu dem Schluss: Es brauche dringend eine Neubewertung der Rolle von Müttern in der modernen Gesellschaft, die mehr Raum für Individualität und Selbstverwirklichung lasse. [...]
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