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archivierte Ausgabe 15/2022
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Hoffnungsort |
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WENN JESUS SCHWIERIG WIRD (2): DER BRUTALE JESUS |
»Es ist gefährlich, Jesus nahe zu sein, brandgefährlich« |
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Ein um sich schlagender, wütender und geradezu gewaltbereiter Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel. Er ist nicht bereit, die Geschäftemacherei im »Haus seines Vaters«, das zum Gebet da ist, zu tolerieren und lässt sich zum Zorn hinreißen.
Foto: sedmak/iStock |
Als »Brutalo« ist uns Jesus nicht sehr geläufig und vertraut – und schon gar nicht lieb. Aber er hatte auch eine schroffe, abweisende Seite, er konnte sehr direkt sein, ungehalten, ja wütend. Haben wir das vergessen? Oder verdrängt? Jesus – ein Nonkonformist, ein Anarchist, ein Sozialrevoluzzer? Einer, der die Fassung verliert und tobt? Die bei allen drei Synoptikern (Matthäus, Markus, Lukas) festgehaltene, geradezu schroffe Abweisung seiner Mutter (vgl. Mt 12,46–50) befremdet. Sie ist eine glatte Abfuhr: ein schwieriger Jesus! »Das hier«, und er zeigt dabei auf seine Jünger, »sind meine Mutter und meine Brüder« (Mt 12,49). Wie das wohl auf seine Mama gewirkt hat? »Hier wird«, so Adolf Holl in seinem umstrittenen Buch »Jesus in schlechter Gesellschaft« (1971/2000), »die Nabelschnur gründlich durchgeschnitten, mit einer Schroffheit, die bereits Lukas veranlasste, in seiner Fassung der Szene alles für die Familie Jesu Ungünstige wegzulassen.«
Der Dogmatiker Gottfried Bachl meint zu der Szene: »Ich kenne kein Bild, das mit vergleichbarer Eindringlichkeit den erwachsenen Mann zeigte mit der Frau, die ihn geboren hat, etwa in der kritischen Szene, die Markus noch ahnen lässt: als der Sohn ihr und der Sippe klarmachen muss, dass er seinen Weg gehen will, auch wenn er deshalb für verrückt gehalten wird.«
Kein Wunder also, dass die »Angehörigen« Jesu – nur der Evangelist Markus überliefert diese Begebenheit – ihn einmal »mit Gewalt zurückzuholen« versuchen, weil sie zu dem Ergebnis gekommen sind: »Er ist von Sinnen« (Mk 3,21). Also: durchgeknallt, übergeschnappt. Auf Lateinisch hört sich das noch drastischer an: »Quoniam in furorem versus est« – ein göttlicher Furor also. Auch die auf dem Weg nach Jerusalem gefallene Äußerung, er sei »gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen« (Lk 12,49), nicht »Frieden«, sondern »Spaltung« (Lk 12,50), um dann Generationenkonflikte zu prophezeien, irritierte nicht nur seine Jünger damals: ein brutaler Jesus! [...]
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