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Hoffnungsort
MORAL IN DER BIBEL (4) Vergebung

Einsicht, Reue und Umkehr

Einsicht, Reue und Umkehr
Eine Entschuldigung braucht die direkte Begegnung zwischen zwei Menschen und die Bereitschaft zur Wiedergutmachung. Doch auch dann ist es keineswegs selbstverständlich, dass eine Vergebung erfolgt. Sie kann gewährt, aber nicht eingefordert werden.
Foto: andres-ayrton/pexels
Wir haben gesehen: Wenn das stellvertretende Sühneopfer Jesu die Vergebung der Sünden bewirken würde, wäre es für Gott gleichgültig, wie Menschen handeln. Sie könnten im göttlichen Gericht auch nicht zur Verantwortung gezogen werden. Allerdings spricht Paulus in Röm 3,25 nicht vom Vergeben, sondern vom »Hingehenlassen« (Martin Ebner) der Sünden. Damit wird suggeriert, dass die Vergehen eines Täters im Gericht Gottes geahndet werden und auf Vergebung durch das Opfer angewiesen sind.

Schauen wir deshalb in einem kleinen Überblick, wie biblisch über Vergebung gehandelt wird. Auffällig ist, dass auch bei der Heilung des Gelähmten in Mt 9,2 alle Merkmale einer kultischen Vergebung der Sünden, die durch einen Priester zu erfolgen hat, außer Kraft gesetzt werden: Vergebung von Schuld wird hier ohne Sündenbekenntnis, ohne Opfer, ohne Ritual und ohne Bevollmächtigung, also ohne die Autorität eines Amtes, gewährt. Vor allem wird sie, wie in Mt 9,8 festgehalten wird, der Gemeinde als ganzer anvertraut.

Eine Gemeinderegel legt in Mt 18,15–20 zudem ein dreistufiges Verfahren fest, wenn ein Mitglied der Gemeinde sich verfehlt hat: Zunächst ist ein Gespräch unter vier Augen vorgesehen; können sich die beiden nicht versöhnen, werden ein oder zwei Zeugen hinzugezogen; bleibt auch dieser Schritt ohne Erfolg, kommt der Fall vor die ganze Gemeinde; hört der Schuldige auch nicht auf die Gemeinde, soll er ausgeschlossen werden.

Der Ernst dieser Verpflichtung wird zweifach betont: Zunächst dadurch, dass, was die Gemeinde auf Erden bindet, auch im Himmel gebunden, und was sie auf Erden löst, auch im Himmel gelöst sein wird, und dann durch die Ermahnung, nichts unversucht zu lassen, um Versöhnung zu bewirken. Es ist eine grundlegende biblische Einsicht: Vergebung von Schuld kann von Gott nur gewährt werden, wenn sie auch zwischen Menschen zustande kommt.

Das schließt allerdings ein, und das ist die Pointe dieser Gemeinderegel, dass der Täter zur Einsicht kommt und zu Reue und Umkehr bereit ist und seinem Opfer gegenüber Wiedergutmachung leistet. Andernfalls könnte man ihm ja sofort vergeben und müsste nicht einen so langen und umständlichen Weg gehen. Zwar wird der Ausschluss aus der Gemeinde als letzte Möglichkeit diskutiert, aber gerade mit dem Ziel, diesen radikalen Schnitt zu verhindern. [...]
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